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Erneuerung des Krematoriums Nordheim in Zürich. Ofenhallen und Korridore, vonder Abdankung bis zum Ofen.

Die Bestattung verstorbener Menschen im Feuer ist uralt. Die Stadt Zürich kennt eine lange Kremationstradition. Das erste Krematorium in der Schweiz wurde am 1889 im damaligen «Centralfriedhof», nach den Plänen von Stadtbaumeister Geiser, erbaut. 1915 folgte ein neues Krematorium im Friedhof Sihlfeld nach den Plänen von Albert Fröhlich. Einen spürbaren Anstieg erfuhr die Kremation, als die römisch-katholische Kirche die Kremation in den 60er Jahren auch für Katholiken duldete. Auf Grund dieser Neuerung und dem Wachstum der Stadt Zürich wurde ein drittes und vorläufig letztes Krematorium hinter dem Bucheggplatz am Waldrand des Käferberges eröffnet. Die in der Topographie schön eingearbeitete Anlage stammt vom Architekten Prof. A.H. Steiner, damaligem Stadtbaumeister in Zürich. 

Lando HalleKHI 03Waldkapelle AsplundWaldkapelle Asplund

Aktuell lassen sich rund 88% aller Verstorbenen der städtischen Bevölkerung kremieren. Rund 7‘000 Kremationen werden pro Jahr im Nordheim vorgenommen, wovon 250 Kisten Humanteile aus Spitälern anfallen. Zur Verfügung stehen 7 Öfen mit 7 Filteranlagen. Neben der städtischen Bevölkerung ist das Nordheim für mehr als 60 Gemeinden die erste Adresse für Kremationen. Die leichte Überkapazität der Anzahl Ofenlinien lässt sich mit der überregionalen Bedeutung erklären. Das Krematorium Nordheim beherbergt für Katastrophenfälle im Grossraum Zürich (bis nach Süddeutschland) diverse Untersuchungsräume für Rechtsmedizin und Polizeibehörden. Auch das DVI-Team des Bundes nutzt die Anlage regelmässig. In Extremsituationen müssen gleichzeitig alle Ofenlinien auf Volllast gefahren werden. Das Nordheim hat sich schon mehrere Male bei Katastrophen bewährt (Luxor, Unfälle Forchautobahn, Crossair, Absturz Tante JU-52). 

BESTAND Nordheim Ofenhalle 90er

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In der Zürcher Kremationsgeschichte wird offensichtlich wie sich Rituale des Abschieds verändern. Fanden anfangs Kremation und Abdankung noch im selben Raum statt, verlagerte sich der Kremationsvorgang weg vom Katafalk in technisch gehaltene, unterirdische Gänge. Besucher waren hier unten nicht vorgesehen. Doch die Ansprüche und Bedürfnisse änderten sich in den letzten Jahren. Hinterbliebene, nicht nur hinduistischer Glaubensrichtungen, möchten vermehrt die Verstorbenen bis zum Kremationsofen begleiten und sich erst dort, ganz am Ende vor dem Ofen verabschieden. Daher waren die kellerartig anmutenden Räume angemessen umzugestalten. Mit der dringenden Sanierung der Ofentechnik bot sich die Chance, trotz der hohen Komplexität der technischen und denkmalpflegerischen Anforderungen, den Weg der Trauernden und der Verstorbenen, deren Stationen, zwischen den ursprünglichen Räumen der Abdankung bis hin zur Ofenhalle neu und pietätvoll umzustimmen. 

 

 

Grundlage waren unter anderem die ursprünglichen Materialien der eindrucksvollen Kapellen im Hof und die des Ofenraumes. Klinkerböden, Muschelkalkwände, schwarzer Stahl und Kupferteile. Das verwendeten wir wieder bei den verschiedenen Emfangs- und Vorbereitungsstationen. Sämtliche Holzleisten an den Wänden wurden aus den Gängen verbannt. Nur die Särge sollten noch als letzte brennbare Elemente bestehen bleiben dürfen. Die unpassenden Holzleisten ersetzten wir mit Linien aus Bodenziegelen, so dass die Fahrgestelle der Särge nicht mehr die Wände mit Striemen überzogen. Manche Wände belegten wir vorschflächig und für starke Kontraste nutzten wir ein kulturhistorisch, bedeutsamen Pigment: 'Caput Mortuum'. Seine Wirkung erinnert an geronnenes Blut. Hinter den Öfen wirken die mehrfach lasierten Farbschichten dunkelviolett, etwas unwirklich, als wäre der Weg hier noch nicht zu Ende.

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 Waldkapelle Asplund

Davor strahlen die Ofenverkleidungen entrückt weiss. Eigens entworfene Leuchten markieren einen Lichtkreis um den jeweilgen Sarg. Wir entwickelten sie aus Alvar Aaltos Design, da Steiner damit bereits in den Kapellen arbeitete. Er entlehnte etliche Elemnte aus der skandinavischen und japanischen Welt. In seiner Sprache,  arbeiteten wir sanft eklektisch und mitunter sachlich weiter. 

Materialien

Die Eingriffe sind nicht nur in der Farb- und Materialwahl, sondern auch räumlich kräftig sowie entschieden. Wir schnitten die Betonzungen über dem unteren Ofenraum heraus. Zwar wird dadurch die Einzelstellung jeder Ofenlinie etwas geschmälert, aber die Arbeitsbedinungen verbessern sich sehr. Die Halle bekam etwas Atem. Endlich fällt Licht auf die Arbeitsflächen des einst sehr dunklen Untergeschosses. Die früheren Steuerpulte darauf wurdennun  entfernt bzw. eingelagert. Neu werden die Anlagen über die Leitstelle am Ende der Ofenräume gesteuert. Die zusätzlich nötig gewordenen lufttechnischen Geräte wurden hinter Gitter und Verkleidungen verstaut. An den Decken gab es die Möglichkeit nicht. Wir hielten es auch nicht für zwingend. Die Kanäle setzten wir mit markanten Fugen ab. Wer weiss, wann sie bereits wieder zu erneuern sind.

 

Der Raum wirkt wie ein oszillierendes Kippbild.
Ein Wechsel aus Logistikzentrum und Kapelle.

 

Die Namen der Verstorbenen werden hier notiert. Wir setzten uns dafür ein dies nicht maschinelle über Computer zu erfassen, sondern auf Schiefertafeln zu schreiben. Die Schrift bleibt eine zeit lang noch lesbar und verschwindet erst mit der Zeit, wenn sie öfter überschrieben und abgewischt wurde.KHI 08Linienleuchte Detail

Die über 50-jährigen Elektro-Einäscherungsanlagen des Krematoriums Nordheim wurden immer wieder teilweise renoviert. Dies führte dazu, dass die Anlage aus diversen kleineren Einheiten bestand, die untereinander nicht mehr richtig funktionierten. Die Anlage war schwierig zu unterhalten. Teilweise waren keine Ersatzteile mehr zu beschaffen. Ziel ist war es, die Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik als Ganzes auf einen aktuellen, den heutigen Normen und Standards entsprechenden Stand zu bringen.

KH

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Für das Hochbauamt der Stadt Zürich wurden Korridor und Ofenhallen, vornehmlich die Untergeschosse des Krematoriums Nordheim saniert und umgebaut.  Begonnen wurde der Entwurf von Nicola Losinger. Wir entwickelten das Projekt weiter und stellten es fertig. Projektleitung Fabian Bisig; Bitech AG, Elektroingenieur; ahochn AG, HLKS-Ingenieure, Planung Heizung und Kälte; BIQS Brandschutzingenieure AG; ahochn AG, HLKS-Ingenieure, Gesamtleitung; Güntensperger Baumanagement AG, Gesamt- und Bauleitung; Alfacel AG, Gebäudeautomation; Schnetzer Puskas, Bauingenieur; Assco AG; Ingenieur für Ofen- / Nebenanlagen und Fachkoordination; Rocket Science AG, Akustik; Wichser Akustik + Bauphysik AG; Farbberatung: Beat Soller, Max Schweizer AG, Mati Lichtgestaltung, Die Photos stammen von Rasmus Norlander

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