« Brücke? Ein Damm, darin eine Wasserkapelle. »
Ortsbauliche Qualitäten sind immer untrennbar mit landschaftsräumlichen Qualitäten verbunden. In einem Umfeld diesen Ranges wollten wir kein technisches Brückenbauwerk vorschlagen, so wie wir es anfänglich vor hatten, Wir wollten stattdessen das Risiko eingehen und etwas konträres tun: Wir nutzten die bestehenden landschaftlichen Eigenarten sowie die geringe Spannweite über das Bächlein Wyna. Wir nutzten die einmalige Chance, um an der Kulturlandschaft von Beromünster weiterzubauen.
Annäherung «Beromünster liegt in einer weiträumigen Geländesenkung auf den sanft geformten Anhöhen zwischen dem Baldegger- und Sempachersee.» Nicht nur im ISOS national beginnt die Beschreibung des Münsters von europäischer Strahlkraft mit der Kulturlandschaft. Auch in den Unterrichtsmaterialien zum ‘Kulturtag Beromünster – vaut le voyage’ der PHZ von 2007 wird der grossräumige Zusammenhang ebenso thematisiert. Skizzen daraus zeigen gut, dass der Raumbezug nie auf die Stiftskirche St. Michael und Kirche St. Stephan, den sogenannten Flecken,beschränkt bleiben darf, sondern immer den landschaftlichen Hintergrund einschliessen muss.
Der Flecken fällt zum heutigen Gemeindehaus hin. Der Horizont liegt über den Dächern. Neben dem Flecken, dem Gemeindehaus und der Kirche wird das Umland zum wichtigen Hintergrund. Beromünster lässt sich am besten von den umliegenden Anhöhen, zu Fuss erfahren. Bundesrat Couchepin sagte 2006 als Vorsteher des EDI, dass unsere Siedlungen und Landschaften zunehmend unter Druck geraten. Er sorge sich nicht nur um die Ortsgefüge, sondern auch um die umgebenden Landschaften. Genau hier liegt in der Tat der Schlüssel für Beromünster.
Weiterbauen Seit Jahrhunderten kultivieren die Münsteraner Senken und Böschungen in und um ihr Dorf. Wir schlagen eine grosse Erdschüttung vor, einen Verkehrswall. Die Strassen und Wege führen wir darauf unter einer baumbestanden Chaussee. Ein gänzlich begrünter, bepflanzter Damm also mit horizontale Bermen, die elegant mit den bestehenden Wiesen verwoben werden. Darin vergraben liegt eine grottenartige Ausspülung. Grosse, fast barocke Schwünge fassen und verbreitern die Wyna. Wir nennen das die 'Wasserkapelle'.
«Waldkathedrale, Wasserkapelle… Dies trifft ein Bedürfnis einer spezifischen Naturerfahrung unserer Zeit und spricht für die Qualität der jetzigen Erscheinungsform.» (Aus: Hörsch Waltraud: „Spaziergang“ – „Schlösslipark“ – „Waldkathedrale. Metamorphosen einer spätbarocken Alleeanlage. Recherchen rund um die Schlössliallee bei Beromünster, verfasst im Auftrag des Stiftes St. Michael Beromünster und der Denkmalpflege des Kantons Luzern, Juli 2004)
In den Empfehlungen des ISOS heisst es unter anderem: «Eine Verkehrsentlagerung des Hauptstrassenraumes, z. B. als gut in die Landschaft integrierte Nordumfahrung, würde die Attraktivität des Fleckens wesentlich steigern.» Daneben: «Die wenigen Umgebungsbereiche, welche als Grünkorridore noch bis an die Altbaugebiete grenzen, sind unbedingt unverbaut zu belassen: Die offen geführte Wyna sollte innerhalb, wie ausserhalb, der Bebauung keinesfalls eingedeckt oder begradigt werden.» Mit dem Erdwall wird die Verkehrsführung in der Senke der Dammkrone bestmöglich integriert.
Die Fahrzeuge liegen einen Meter tiefer und verschwinden darin visuell wie akustisch. Velofahrende und Fussgänger*innen nutzen dagegen die höhere Dammkrone. Der östliche Grünkorridor bleibt mit dem Wall weiterhin bis an die Grenzmauern des Friedhofes erhalten und die Wyna wird keineswegs als untergeordnetes Gewässer eingedeckelt, sondern renaturiert und in einer Art 'Nympheanum' stark in Szene gesetzt. Das Bächlein wird wenig gestaut und in der Wasserkappelle wildromantisch gestaltet. Kleine Treppchen lassen den Wasserlauf geräuschvoll im Grottenraum hallen. Das Wasser spiegelt sich an den Wänden und den Deckenbalken. Die gekrümmten Wände und Bohrpfähle werden vom Tageslicht von allen möglichen Schatttierungen und Texturen umspült. Die von Menschen gestaltete Natur nimmt hier neben dem Schlössliwald ein weiteres Mal fast sakrale Gestalt an. Die im Dorf noch kanalisierte Wyna wird jetzt als Bachlandschaft ins Wiesland geöffnet.
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Offener Ingenieurwettbewerb. Umfahrung Beromünster «Under Brugg», Ohne Rangierung. Projekleitung: Lando Rossmaier, mit Ingenieuren Dr. Uwe Teutsch von tragstatur sowie waltgalmarini AG, Beglinger + Bryan Landschaftsarchitekten, Besprechung des Wettbewerbes auf Espazium.