Das Kunzareal befindet sich auf einer Art Halbinsel zwischen Aare und Reuss im Nordosten der Gemeinde Windisch und damit mitten im sogenannten „Wasserschloss“ von Aare, Reuss und Limmat. Die Feinspinnerei, ein Gebäude mit 30 Wohnungen, bildet den Abschluss des Areals am Kanal des ehemaligen Spinnereiareals. Die Identität der Überbauung wurde bereits im Gestaltungsplan definiert und zum Teil umgesetzt. Unser Vorschlag versteht sich als Komplement zu den bestehenden Loft- und Atelierwohnungen. Wir bilden den Abschluss, das Krönlein des Areals. Die durch den Gestaltungsplan vorgegebene Tiefe des Hauses verstehen wird nicht als Manko, sondern als Qualität. Lichthöfe oder sogenannte Towohnungen wären keine adäquate Lösung. Daher fädeln wir mit dem Mittel der Enfilade Räume entlang einer Sichtachse auf und können dazu auf Flure verzichten. Es werden keine Flächen an die Erschliessung verloren. Statt 3.5 Zimmer Wohnungen werden durch die Schaffung einer unterschiedliche nutzbaren Eingangshalle 4 Zimmer Wohnungen geschaffen.
Wir halten es für eine Erfindung, zeitgenössische Wohnungen mit den probaten Mitteln der Gründerzeit zu entwickeln und Grundrisslayouts anzubieten die sowohl ein hohes Mass an Flexibilität aufweisen als auch für ‚Ungeübte’ leicht zu möblieren und zu bewohnen sind. Unsere Grundrisse lassen das Haus in seiner ganzen Tiefe bewohnen. Die Nordseite zum Quartier und die Südseite zum Fluss sind verbunden. Wenig belebte, rückwärtige Fassaden und Totwohnungen können vermieden werden, Wohnungen also die auf drei von vier Seiten von anderen Wohnungen umgeben sind.
Die Zimmergrössen sind grosszügig bemessen. Die Funktionen als Ess-, Schlaf-oder Wohnzimmer sind nicht a priori fixiert, sondern nach Belieben nutzbar. Das Studium gründerzeitlicher Grundrisse hat uns bewiesen, dass dies echte Flexibilität für veränderliche Mieterwünsche bedeutet und eine ausserordentliche Qualität darstellt. Die Räume sind gross dimensioniert, sie sind flexibel und haben Atem. Raumhohe Türen der Enfilade, mit Oberlichtern, erlauben es die Räume stets zueinander in Beziehung setzen zu können. So kann die Halle dem Kinderzimmer oder auch dem Wohn- bzw. Esszimmer zugeordnet werden. Die Zweiflügligkeit der Türen unterstützt dies. Die Flügel ragen in geöffnetem Zustand kaum in die Räume. Sie können ganztags offen stehen bleiben. Der Spagat zwischen offenen Raumbeziehungen und einem klassischen Zellensystem interessierte uns.
In der Wohnung bewegt man sich nie direkt von Nord nach Süd, sondern eher über die Diagonale. Trotz der verhältnismässig kleinen Wohnungsgrössen entstehen keine einfach gerichteten Röhren, sondern abwechslungsreiche, wohnliche Raumfolgen mit wechselseitigen Raumnischen. Konsequenterweise wird die Belichtung ebenfalls über die Diagonale gestaltet. Im Tag- und Nachtbereich erhellen fast raumhohe Eckverglasungen die Räume. Bei den Aussenräumen weiten sie vorteilhaft den bei Loggien oft beschränkten Sehwinkel.
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Mitarbeit: Andreas Fankhauser; Baukosten Iris Dätwyler von dierealisatorin GmbH sowie Stephanie Stratmann Architektin. Wettbewerb 2. Rang ex aeqo